Fonds für Junges Design

Der von der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen ins Leben gerufene „Fonds für Junges Design“ ermöglicht ein sechsmonatiges Residenzprogramm für junge, internationale Designerinnen und Designer am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg.

Gestalterinnen und Gestalter aus den Bereichen Produktdesign, Grafik, Mode und Fotografie werden eingeladen, sich intensiv mit der Sammlung des Museums auseinanderzusetzen und eigene Werke zu schaffen. Sie sind in der Gestaltung ihrer Arbeiten frei und können auf die Expertise der Kuratorinnen und Kuratoren zurückgreifen. In einer Ausstellung werden die Werke präsentiert und gehen in den Besitz der Stiftung über. Als Dauerleihgaben verbleiben sie im Museum und erweitern den Sammlungsbestand zeitgenössischen Designs.

Stifterinnen und Stifter des „Fonds für Junges Design“ begeistern sich für Gestaltung und fördern die Entwicklung junger Designerinnen und Designer. Mit einer erbetenen Mindestspende in Höhe von 1.500 € können auch Sie das Residenzprogramm unterstützen.

Spendenkonto des Fonds für Junges Design
DE32 2005 0550 1500 4388 15

Die bisherigen Residentinnen und Residenten und die für den „Fonds für Junges Design“ entstandenen Arbeiten können Sie hier kennenlernen:

Katharina Spitz, geboren 1993 in Leverkusen, ist die erste Residentin im Bereich Mode. Nach einer Ausbildung zur Maßschneiderin im Couture Salon Pio O’Kan Couture Düsseldorf studierte sie experimentelles Textil- und Modedesign an der Universität der Künste Berlin. Ihre Arbeiten stellte sie u.a. im Robert-Koch-Forum Berlin, Haus der Kulturen der Welt Berlin und beim Fashionclash Festival Maastricht aus. Seit 2021 ist sie als selbstständige Modedesignerin mit eigenem Studio in Amsterdam tätig.

Mit der Gestaltung von Haute Couture, Textilien und Performances untersucht Katharina Spitz, welche Beziehung wir als Menschen zueinander und unserer Umgebung einnehmen. Dabei arbeitet sie am liebsten kollaborativ.


Forget me not
Katharina Spitz untersucht in ihrer Ausstellung „Forget Me Not“ unterschiedliche Objekte, die persönliche oder gesellschaftliche Erinnerung kultivieren. Historischen Erinnerungsformen aus dem Bestand des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg – marmorne Statuen, Broschen aus menschlichen Haaren, fotografische Portraits – stellt sie eigene Entwürfe zur Seite, die diese ambivalenten Materialitäten spielerisch aufnehmen: Gebrannte Keramikteile mit Strickmuster, fließende Wollstoffe, die den symbolischen „Knoten im Taschentuch“ zitieren, gestrickte und anschließend gehärtete, mit feinstem Garn zusammengehäkelte Elemente und zarte Blütenstickereien aus künstlichem Haar auf schwerem Samt.

In „Forget Me Not“ hinterfragt Katharina Spitz starre Formen des Erinnerns und damit auch die Qualität des Erinnerns. Können wir zulassen, dass unsere Erinnerungsobjekte ihre eigene Vergänglichkeit schon von Beginn an in sich tragen? Mit welchen Intentionen und Praktiken halten wir unseren Erinnerungen fest? Welche alternativen Erinnerungsformen sind vorstellbar?

Die Ausstellung versammelt sechs von der Designerin in Handarbeit geschaffene Kleidungsstücke und stellt sie in Bezug zu tradierten Ewigkeitsformen: So tritt exemplarisch ein dekonstruierter männlicher Torso aus gebrannten Strickelementen selbstbewusst in den Dialog mit einer antiken Marmorskulptur; ein Samtkleid mit gestärktem Brustpanzer zitiert die Serie „Mein Denkmal“ von Bettina Flitner, in der sich unterprivilegierte Frauen als Denkmal fotografieren lassen.

Katharina Spitz‘ Arbeiten stehen damit sehr anschaulich für ihr Plädoyer für eine „bewegliche, gesellschaftliche Form von Erinnerung, die Vergänglichkeit umarmt, im Gegensatz zu einer Gesellschaft, die versucht, sich durch ihre Erinnerungsobjekte als ewig zu manifestieren und sich so gegen den Lauf der Zeit und der Sterblichkeit zu widersetzen“.

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Anna Resei

Anna Resei, geboren 1989, studierte Textil-, Produkt- und Contextual Design in Stuttgart, Hamburg und Eindhoven. Sie erhielt mehrere Stipendien und Designpreise und stellte ihre Arbeiten unter anderem im Museum für Angewandte Kunst Köln und auf der Milan Design Week aus. Die konzeptionelle Designerin schafft Objekte mit besonderer Materialität, die gleichzeitig funktional und abstrakt sein können. Vorwiegend arbeitet sie mit Textilien, die sie als Ideengeber, Metaphern und Technik nutzt. Dabei setzt sie sich über bestehende Gattungsgrenzen hinweg und verbindet den digitalen, physischen und mentalen Raum miteinander.


Water Carriers
In ihrer Ausstellung „Water Carriers“ verhandelt die Designerin Anna Resei auf poetische Art und Weise ein Zukunftsszenario, das von einer möglichen Bedrohung unseres Lebensraumes durch steigende Meeresspiegel inspiriert ist. Mithilfe ihrer Objekte stellt sie Fragen nach der Anpassung der Menschen an veränderte Umwelt- und Lebensbedingungen: Wie gestalten wir unser Leben, wenn die gewohnten Orte nicht mehr bewohnbar sind. Welche Dinge werden für uns unverzichtbar? Was hinterlassen wir als Gesellschaft?

Zwei aufklappbare, zum Tornister umwandelbare Truhen mit tönernen Füßen stehen für Truhen als Aufbewahrungsmöbel wie auch als Transportmittel. Die Möbelfüße lassen sich abmontieren oder höhenverstellbar justieren und dadurch dem Wasserspegel anpassen. Das digitale, mäandernde Oberflächendesign greift Muster antiker Glasscherben aus dem 1. bis 3. Jahrhundert v. Chr. aus der Sammlung Antike des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg auf. So schließt sich nicht nur inhaltlich, sondern auch gestalterisch ein Kreis: Scherben aus der Antike finden Verwendung in den Objekten der Zukunft.

Anna Resei bewegt sich mit ihrer Arbeit im sogenannten „narrativen Design“ oder auch „design fiction“. Es geht dabei nicht primär um die Gestaltung funktionaler Produkte, sondern um den Entwurf fiktiver Szenarien und die Beschäftigung mit gesellschaftlich relevanten Themen.

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Jan HottmannJan Hottmann, geboren 1986, hat Anfang 2022 sein Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart abgeschlossen und ist als freier Künstler und Fotograf tätig. In seinen bisherigen Arbeiten setzt sich Hottmann mit den technischen Aspekten von Fotografie auseinander und erhebt ein Misstrauen gegenüber normierten Bildsprachen. Während seines Aufenthalts am Museum für Kunst und Gewerbe Hambugr geht er insbesondere der Frage nach, wie sich das Medium der Fotografie durch digitale technische Neuerungen verändert.


Von Blei zu Gold
In der Serie „Von Blei zu Gold“, die 35 Farbfotografien sowie zwei Videoscreens umfasst, erzählt der Fotograf Jan Hottmann von den Gemütszuständen fiktiver männlicher Protagonisten. Vier Figuren erleben in einer virtuellen Stadt existentielle Gefühle wie Wut, Einsamkeit, Zerbrechlichkeit und Kontrollzwang. Die komplett digital erschaffenen Charaktere und die künstlich erschaffene Umgebung wandeln sich im Verlauf der Serie von einer gedrückten, beklemmenden Stimmung hin zu einer freien, leuchtenden Zukunft. Das bietet den Akteuren schließlich die Chance, aus ihrer Isolation auszubrechen. Als sie die düsteren Straßenzüge ihrer virtuellen Stadt hinter sich lassen und in einem mystischen Garten zusammenfinden, scheint die Möglichkeit einer persönlichen Transformation gegeben, auf die der Titel verweist.

Viele Motive gehen auf Beobachtungen und Erlebnisse zurück, die Jan Hottmann während seines Aufenthalts in Hamburg gemacht hat und nun mit selbsterschaffenen fiktiven Charakteren neu erzählt. Die Szenen siedelt er in einer virtuell erschaffenen Welt an, die ihrerseits auch auf neue technische Möglichkeiten zeitgenössischer Fotografie verweist. Die Optik populärer Videospiele ist ganz bewusst gewählt. In den Fotografien treffen die Protagonisten versatzstückartig auch auf Ansichten von Objekten aus diversen Sammlungen des MK&G, die Jan Hottmann mit Hilfe verschiedener Reproduktionstechniken in die virtuelle Umgebung überführt und dort eine neue Gestalt annehmen lässt.

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Lea Sievertsen

Lea Sievertsen, geboren 1990, arbeitet als Grafikdesignerin mit dem Fokus Editorial Design in Berlin. 2019 hat sie an der Hochschule für bildende Künste Hamburg den Master Bildende Künste abgeschlossen. Zuvor studierte sie an der Burg Giebichenstein Designhochschule Halle und an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.

Sie ist Teil der Designinitiative notamuse und Co-Editorin der gleichnamigen, 2019 erschienenen Publikation. Seit Mai 2021 ist Lea Sievertsen zudem Lehrbeauftragte für Typografie/Editorial Design an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg.


A Seat at the Table – a Room of Female References

Lea Sievertsen setzt sich in ihrem Ausstellungsprojekt mit der Repräsentation weiblicher Positionen in der Kunst- und Designgeschichte auseinander. Sie fragt, welche Bedingungen, Räume und Möglichkeiten insbesondere Frauen brauchen, um künstlerisch arbeiten zu können.

Inspiriert von Virginia Wolfs Essay „A Room of One’s Own“ befragt Lea Sievertsen sowohl ihre eigene Arbeitssituation als Grafikdesignerin und untersucht auch die grafische Sammlung des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg: Welche historischen Repräsentationen von arbeitenden Frauen finden sich dort? Was erzählen Grafik, Fotografie und ausgewählte Designobjekte wie historische Schreibtische darüber, wer Platz nehmen darf am großen Tisch, und wem der Zugang verwehrt bleibt.

Lea Sievertsen Lea Sievertsen Lea Sievertsen

Eine wandfüllende Bildtapete mit den Darstellungen arbeitender Frauen bildet das Zentrum der Ausstellung und wird ergänzt durch künstlerische Plakate, Designobjekte aus dem Museum und eine Videoarbeit. Die grafische Wandarbeit ist eine visuelle Antwort, die zu Interpretation und Vergleichen einlädt. Es werden keine individuellen Biografien erzählt, sondern die abgebildeten Frauen stehen sinnbildlich für verschiedene Geschichten und Kontexte weiblicher schöpferischer Arbeit. Die Zusammenstellung erzählt indirekt damit auch von denjenigen, die von der Geschichtsschreibung ausgelassen oder vergessen wurden, denen Zugang zu Bildung und Arbeit verwehrt blieb und die ihre Talente nicht entfalten konnten.

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Benjamin UnterluggauerBenjamin Unterluggauer, geboren 1989, ist Produkt- und Industriedesigner und seit 2010 freiberuflich tätig. Seit 2020 ist er Teil des Designstudios MOKIT. An der Muthesius Kunsthochschule in Kiel hat er 2022 seinen Master in Design gemacht. Mit seinen Arbeiten war er bereits auf internationalen Ausstellungen vertreten und hat mehrere Nachwuchs-Design-Preise gewonnen.


Fuzziness: Diffusion – Adaption
Während seiner Residenz untersucht Benjamin Unterluggauer das Verhältnis von Diffusion und Adaption zeitgenössischen Produktdesigns: Ausgehend von der Anwendung des naturwissenschaftlichen Prinzips der Diffusion auf die Gesellschaft interessiert ihn, wie weit heutige Designobjekte in ihrer Anpassungsfähigkeit gehen müssen, um ästhetisch und praktisch zu bestehen. Was folgt auf die Auflösungserscheinungen der Themen, Gattungen und Materialien?

Anhand luftgefüllter Objekte, die je nach Verwendung in der Industrie, Medizin, im sozialen oder privaten Bereich angepasst werden können, hat Benjamin Unterluggauer diese „Fuzziness“, die untersucht und damit experimentiert. Es geht ihm dabei, neben der praktischen Anwendung auch um den aktuellen Design-Diskurs: Welche Bedingungen muss gutes Design erfüllen, und wie wirkt es in die Gesellschaft hinein?

Seine Abschlussausstellung zeigt zunächst einen mithilfe von open access gebauten computergesteuerten Lötkolben, der recycelte Folien so verschweißt, dass luftgefüllte Objekte diverser Größen und Formen daraus herstellbar sind. Konkrete, aus diesem mit unterschiedlich großen Luftkammern gefüllten Material wie beispielsweise Matratzen, Lampenschirme oder Schutzwesten, also adaptierbare, federleichte, universale Designs bei minimalem Materialverbrauch sind Benjamin Unterluggauers Antworten auf die Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten, zeitgenössisches Design für verschiedene Anwendungen relevant zu machen.

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Anais BorieAnaïs Borie, geboren 1991 in Frankreich, hat nach einem Master in Produktdesign an der Kunsthochschule in Saint-Etienne, Frankreich, auch einen Master in „Contextual Design“ an der Design Academy in Eindhoven, Niederlande, absolviert. Dort führt sie ihre eigene Firma und arbeitet als selbstständige Designerin mit wechselnden Design-Kollektiven zusammen. Mit ihren Arbeiten war sie bereits weltweit in renommierten Ausstellungen vertreten, z. B. in Guangzhou, China, in Mailand oder auf der Miami Art Basel in Miami, USA.


The Intimacy of a Cyber-Opera Singer
Als erste Residentin des Fonds für Junges Design hat sie während ihres Aufenthalts am Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg verschiedene Objekte entwickelt und produziert, die auf ihre Beschäftigung mit dem Thema Cyborgs, Augmented Reality und dem Pygmalion-Komplex zurückgehen. In einer spekulativen Oper läßt Anaïs Borie die Besucher durch die privaten Räume einer fiktiven Opernsängerin wandeln und führt sie, angeregt durch sensorische Impulse wie Musik, Duft, Nebel und Licht, einer erweiterten Wahrnehmung zu.

Das Eintauchen in einen multimedial gestalteten und mehrdimensional erfahrbaren Raum macht die Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Seins zwischen Realität und Fiktion sinnlich erfahrbar, auch weil die Besucher eingeladen sind, mit den eigens für diese Installation geschaffenen Objekten zu interagieren. In ihrem Werk reflektiert Anaïs Borie über eine Verbindung von Mythologie und Technologie und verweist auf ein ständiges Oszillieren zwischen handwerklicher Perfektion und komplexen technologischen Neuerungen.

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Bei Fragen, Anregungen und Interesse am Residenzprogramm wenden Sie sich gerne an: jungesdesignfuerhamburg@shk-museum.de